Luther 2.0
Gerade ist ein Geschäftszweig am Aufblühen, den einst Luther mit Vehemenz bekämpft hat: der Ablasshandel. Im Grundsatz geht es heute darum, dass wir soviel Dreck in die Umwelt ablassen können, wie wir wollen und im Gegenzug dafür ein paar Cent an Firmen überwiesen werden, die vorgeben, am anderen Ende der Welt Umweltprojekte zu unterstützen. Eine Brauerei hat ja schon seit Jahren die Aktion „Saufen für den Regenwald“ im Programm. Das war noch ein reiner Marketing-Gag. Heute wird dem Kunden zusätzlich noch ein reines Gewissen verkauft. Fliegen, Kreuzfahren, Rasen – für ein paar Cent an eine Organisation, die in Peru Bäume pflanzt, verkaufen sie Dir das Gefühl, dass Dein CO2-Fußabdruck etwas Gutes bewirkt. Es gibt schon Google-Alternativen, die irgendwo auf der Welt irgendetwas pflanzen, wenn Du oft genug nach „Klimakatastrophe“ suchst. Und Shell plant nun das gleiche – für etwas mehr als einen Cent pro Liter Sprit sollen in Lateinamerika oder Afrika Aufforstungsprojekte unterstützt werden. Je mehr Du mit Höchstgeschwindigkeit über unsere freien Autobahnen bretterst, desto wohltätiger bist Du. Da schließt sich der Kreis zu Luther. Der müsste heute wohl sagen: „Auch wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute nochmal volltanken und mit einer Kiste Krombacher zum Flughafen rasen.“ Weil dann wird irgendwer irgendwo sicher ein Apfelbäumchen pflanzen… |